An diesem Künstler scheiden sich in den letzten Monaten wie an kaum einem anderen die Geister. Der Rapper aus dem nach wie vor überaus erfolgreichen Stall von Aggro Berlin provoziert mit Aussagen und Statements, die mit Absicht möglichst provokant formuliert sind. Seit der harte Ghetto-Rap-Style aus Berlin zumindest kommerziell, siehe Sido oder Bushido, in Deutschland das Maß aller Dinge ist, hat sich das Gesicht der deutschen HipHop-Szene nachhaltig verändert. Wo früher noch die universellen Werte der HipHop-Pioniere aus den USA an erster Stelle standen, wird heute mit oft hasserfüllten oder sexistischen Reimen eine neues Selbstverständnis demonstriert, das den ursprünglichen Intentionen dieser Musik fundamental entgegenläuft. Das Debütalbum von Fler ist da nur ein weiterer Baustein, sich eine eigene Realität zu konstruieren und mit möglichst asozialen Sprüchen zu provozieren. Was bis jetzt ja auch ganz gut geklappt hat. Über die reimtechnischen Fertigkeiten des Rappers kann man geteilter Meinung sein, aber wie er hier in Tracks wie "NDW 2005", inspiriert von Falcos Gassenhauer "Rock Me Amadeus", oder "1 Mann 1 Wort" den harten unbeugsamen Streetfighter raushängen lässt, dem sowieso niemand das Wasser reichen kann, abgesehen von Kumpels wie Sido, Harris, Shizoe, B-Tight und Megaloh, die alle mit einen mehr oder weniger prominenten Gastauftritt glänzen, zeugt zumindest von einem gesunden Selbstbewusstsein. Fler provoziert permanenten Wiederspruch und macht es niemanden besonders leicht, vor allem wenn er in "NDW 2005" auch noch nationale Töne anschlägt. Seine Beats, produziert von DJ Desue, Beathoavenz, Paul NZA, Kilian oder Fuego, sind alle im oberen Mittelfeld angesiedelt und werden garantiert aus breite Zustimmung stoßen, vor allem wenn sie wie bei "Jackpot" so club-tauglich aufbereitet sind. Seine Texte, wie viel Humor man dafür auch immer aufbringt, siehe den deutlich unter die Gürtellinie zielenden Titel "Abtörn Girl", dagegen wird niemand so einfach unkommentiert stehen lassen können. Wer mitreden will, was in HipHop-Deutschland 2005 wirklich geht, positiv wie negativ, der wird an diesem Album nicht vorbeikommen. (Autor: Norbert Schiegl)
Neue deutsche Welle
|